Statt Korrektur eines objektiv nachvollziehbaren Makels zunehmend unseriöse Veränderungschirurgie
Die Ästhetische Chirurgie, die in der breiten Öffentlichkeit als Schönheitschirurgie bezeichnet wird, ist inzwischen enttabuisiert. Sie hat sich aus der Plastischen Chirurgie entwickelt und bietet die Möglichkeit, einzelne nach dem gängigen Schönheitsempfinden unvollkommene Problemzonen eines – eigentlich gesunden – Menschen operativ zu korrigieren. Von den Anfängen der Schönheitschirurgie bis heute haben sich ästhetisch indizierte Eingriffe vom Privileg der Reichen und Prominenten zur erschwinglichen Option für die Bevölkerungsmehrheit in den Industriestaaten gewandelt. Es ist heutzutage kein großer Schritt mehr, Unzulänglichkeiten des Aussehens operativ korrigieren zu lassen. Trotz dieser zunehmenden Offenheit gegenüber Schönheits-OPs haben uns viele Patientengespräche gezeigt, wie unsicher Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sind, wenn es um einen Eingriff geht, der eigentlich nicht notwendig ist und dem man sich freiwillig unterzieht.
Seriöse Schönheitschirurgie kann Lebenshilfe mit dem Skalpell sein, weil sich Patientinnen und Patienten nach der Operation wohler fühlen. Sie ist in jeder Form vertretbar, wenn sie tatsächliche (und damit für andere nachvollziehbare) Makel korrigiert. Für uns ist Schönheitschirurgie dann ein Segen, wenn man sie als „Wohlfühlchirurgie“ und nicht als „Veränderungschirurgie“ versteht.
Der Boom der Schönheits-OPs in den letzten fünf Jahren ist hingegen ein Fluch: Es wird immer mehr versucht, ganze Körper umzugestalten oder bestimmte Bereiche abnorm zu formen. Insofern befindet sich die Plastisch-Ästhetische Chirurgie in einem besorgniserregenden Umbruch von der klassischen ärztlichen Heilkunst zum Konsumgut. Für Auswüchse wie übermäßig aufgespritzte Lippen, J-Lo-Po-Implantate und Megabusen gibt es viele Ärzte, die – mit dem schnellen Geld vor Augen – bereit sind, ohne Sinn vorzugehen und eine unseriöse Dienstleistungschirurgie zu betreiben.
Sie selbst müssen mit Ihrem Aussehen unzufrieden sein und genau wissen: „Diesen Busen, diese Nase, diesen schlaffen Bauch will ich nicht akzeptieren. Ich werde nach der Korrektur kein neuer, kein anderer Mensch sein, aber ich werde besser aussehen.“ Die Schönheitschirurgie ist eine klassische ärztliche Heilkunst und sollte nicht als ein Konsumgut verstanden werden. Ärztlich vertretbare Ziele der Ästhetischen Chirurgie sind beispielsweise, eine auffällig kleine weibliche Brust normal groß zu gestalten oder eine abnorm große Brust auf die passende Normalgröße zu bringen – nicht aber eine normal entwickelte Brust extrem zu vergrößern. Und das gilt für alle Verfahren am Körper.
Bezeichnungen wie „Schönheitschirurg“ oder „Kosmetischer Chirurg“: keine Qualifikation, sondern Augenwischerei
Auf dem Betätigungsfeld der Schönheitschirurgie gibt es erschreckend viele schwarze Schafe, die ihr Handwerk nicht gut genug beherrschen und auch großen Schaden an Ihrem Körper anrichten können. Das liegt vor allem daran, dass sich jeder approbierte Arzt als „Schönheitschirurg“ oder „Kosmetischer Chirurg“ bezeichnen darf. Diese Begriffe sind nicht von den Landesärztekammern geschützt und sagen nichts über die Qualifikation des Arztes aus.
Ärztinnen und Ärzte, die sich selbst als „Beauty-Docs“ bezeichnen, gewinnen auf Social-Media-Plattformen ihre Opfer, können in der Regel keine solide Ausbildung nachweisen und halten keine Facharztstandards ein. Geschäftstüchtige Zahnärzte, die ihren Patientinnen und Patienten Faltenunterspritzungen anbieten, oder zur Plastischen Chirurgie fachgebietsfremde Ärzte, die sich berufen fühlen, Brüste zu vergrößern, gehören in Deutschland seit Jahren zum Alltag. Aus den USA haben wir – wie einst McDonald’s und Coca-Cola – nun dieses besorgniserregende Geschäft mit fragwürdiger Schönheit übernommen.
Facharztstatus Plastische und Ästhetische Chirurgie: keine Gewähr für Erfahrungen mit Schönheits-OPs
Eine Fachärztin bzw. ein Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie hat eine sechsjährige Weiterbildung absolviert und mit der erfolgreichen Facharztprüfung solide Grundkenntnisse in der Ästhetischen Chirurgie, Rekonstruktiven Chirurgie, Handchirurgie und Verbrennungsmedizin nachgewiesen. Naturgemäß ist es aber für junge Ärzte in der Plastischen Chirurgie schwierig, Schönheits-OPs zu erlernen. Denn Selbstzahler-Patienten wünschen in der Regel, vom Chefarzt und nicht vom Weiterbildungsassistenten operiert zu werden. Außerdem übernehmen Krankenkassen äußerst selten die Kosten ästhetisch-chirurgischer Eingriffe, weshalb in den Weiterbildungskliniken grundsätzlich zu wenige durchgeführt werden. Daher sammeln viele Plastische Chirurgen während ihrer Weiterbildungszeit überwiegend Erfahrung in der Wiederherstellungschirurgie, Handchirurgie und Verbrennungsmedizin und sind als niedergelassene Fachärzte auch nicht die richtige Adresse, wenn es um Schönheitschirurgie geht. Nach der sechsjährigen Facharztweiterbildung müssen die gängigen ästhetischen Eingriffe nachträglich in nationalen und internationalen Kursen erlernt werden, um als Plastischer Chirurg eine qualitativ hochwertige Schönheitschirurgie anbieten zu können.
Auch Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen können neben ihrem Facharzttitel den Zusatz „Plastische Operationen“ führen. Diese Ärztinnen und Ärzte haben sich in einer zweijährigen Weiterbildung für plastische Operationen in ihrem Fachgebiet qualifiziert. Wenn sie darüber hinaus Angebote machen, ist dies nicht mehr seriös. Ein HNO-Arzt mit der Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen“ hat eine Weiterbildung für Schönheits-OPs im Hals-Nasen-Ohren-Bereich absolviert, ist aber nicht für eine Fettabsaugung, eine Brust- oder Bauchkorrektur qualifiziert.
Auch ein Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie ist kein Alleskönner! Es ist eine Crux in der Qualitätssicherung, dass sich viele Plastische Chirurgen niederlassen, aber in ihrer Weiterbildung wenig oder gar keine Schönheitsoperationen durchgeführt haben. Dadurch sind die Resultate, zumindest am Anfang, nicht gut, und der Ruf der Schönheitschirurgie leidet. Für Sie als Patientin oder Patient bedeutet das:
- Wenden Sie sich an einen Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie – nur er hat eine fundierte Weiterbildung absolviert.
- Und wählen Sie einen Experten aus, der sich auf die Operation, die Sie an sich durchführen lassen möchten, spezialisiert hat.
OP-Tourismus – Vorsicht bei Schönheits-OPs im Ausland
Günstige Angebote im Ausland sorgen dafür, dass der OP-Tourismus nach Polen, Tschechien, in die Türkei und andere Länder immer weiter zunimmt. Das sind im Grunde Pauschalreisen mit Hotel und Schönheitsoperation. Wir unterstellen nicht, dass die dortigen Ärztinnen und Ärzte weniger qualifiziert sind, zumal schwarze Schafe auch in Deutschland zu finden sind. Aber dennoch ist Vorsicht geboten:
- Oft sind die Hygienestandards schlechter als in Deutschland.
- Wenn Sie die Reise schon angetreten haben, sind Sie erpressbar. Es ist nicht auszuschließen, dass die Kosten für den Eingriff vor Ort noch einmal nachverhandelt werden, beispielsweise wegen angeblich erforderlicher Zusatzleistungen.
- Im Falle von Komplikationen und Haftungsfragen entstehen ernsthafte Probleme, weil Sie dort weniger abgesichert sind. Hier in Deutschland gibt es Berufshaftpflichtversicherungen für Ärzte und ein funktionierendes Justizsystem. Im Ausland sieht das oft anders aus.
- Bei der Nachsorge sind Probleme zu erwarten. Bei unplanmäßigen Folgebehandlungen müssen Sie noch einmal dorthin reisen oder hiesige Ärztinnen und Ärzte in Anspruch nehmen. So können sich die Gesamtkosten erheblich erhöhen.
- Wenn ein unbefriedigendes Ergebnis in Deutschland nachoperiert werden muss, war das Billiganbot im Ausland am Ende erheblich teurer als eine Primärbehandlung in Deutschland.
Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine Schönheitsoperation wie jeder Eingriff ein mehrwöchiger Behandlungsprozess und kein Kurzereignis um die OP herum ist. Eine persönliche Beratung durch den Operateur selbst, eine sorgfältige Vorsorge und enge Nachsorgetermine in den ersten postoperativen Wochen sind für ein gutes Ergebnis zwingende Voraussetzungen. Von uns operierte Patientinnen und Patienten verfügen über eine persönliche Mobilnummer ihres Operateurs, der ihnen täglich und rund um die Uhr zur Seite steht.
Es gibt sicherlich sehr gute Plastische Chirurgen im Ausland. Bei einer Arztwahl im Ausland zuverlässig zu entscheiden, ob jemand wirklich kompetent und seriös ist, gestaltet sich aber deutlicher schwieriger als in Deutschland. Bei Komplikationen und Haftungsfragen besteht oft eine unzureichende Absicherung. Selbst in Bezug auf die niedrigen Behandlungskosten ist Skepsis angebracht: Vor Ort kann der Preis plötzlich höher werden. Billigangebote werden am Ende teurer, wenn eine Nachoperation erfolgen muss.
Warum Schönheitsoperationen im Inland zu Dumpingpreisen nicht funktionieren können
Es ist nachvollziehbar, dass jemand, der an einer Schönheitsoperation interessiert ist, eine möglichst kostengünstige Lösung sucht. Die Kosten schwanken stark. Patientinnen und Patienten sind bei ihrer Arztsuche sehr auf sich allein gestellt.
Hochwertige Plastisch-Ästhetische Chirurgie hat ihren Preis. Es liegt auf der Hand, dass jemand, der zu Dumpingpreisen operiert, dies deshalb tut, weil er auf andere Weise nicht genug Anfragen bekäme. Die Anzahl der Anbieter wird immer größer und die Qualität der Behandlungen im Gegenzug geringer. Mehrmals wöchentlich wenden sich Patientinnen und Patienten, die von einem anderen Arzt operiert wurden und zu Recht mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, mit der Bitte um einen Korrektureingriff an uns.
Für eine professionell unter optimalen Sicherheits-, Qualitäts- und Hygienebedingungen durchgeführte OP kommen verschiedene Kostenfaktoren zum Tragen:
- OP-Säle mit Hightech-Equipment, fest installierter Anästhesieeinrichtung und zertifizierten Abläufen
- Personal, das bestens geschult (und bezahlt) wird und sich kontinuierlich weiterbildet
- Materialien führender Hersteller, die hochwertig und geprüft sind
Das und vieles mehr entscheidet über Top oder Flop bei Ihrer Schönheitsoperation.
Billig-OPs werden meist von Klinikketten angeboten. Natürlich muss hier beim Personal und Material eingespart worden sein, denn niemand hat etwas zu verschenken. In der Regel werden die Operationen von jungen, nicht hinreichend erfahrenen Operateuren durchgeführt. Wenn es um Ihre Gesundheit geht, sollten Sie hier lieber nicht sparen!
Realitätsfremde Schönheitsideale und unsinnige Nachfragen nach Schönheits-OPs durch soziale Medien
Vor allem junge Menschen sind sehr auf soziale Medien fixiert. Dort werden sie von Gesichtern, die mit Beauty-Filtern und anderen Programmen bearbeitet wurden, überschüttet. Es konnte wissenschaftlich belegt werden, dass soziale Medien die Hemmschwelle für Schönheitsoperationen senken. Wir sehen die Auswirkungen des Social-Media-Zeitalters in unserer täglichen Praxis:
- Vornehmlich jüngere Patientinnen und Patienten suchen uns mit nicht erreichbaren, teils grotesken Wünschen auf. Ihre Schönheitsideale erweisen sich oft als realitätsfremd.
- Wir nehmen einen schleichenden Wandel hin zu einem recht gleichförmigen Ideal wahr.
Jeder Plastische und Ästhetische Chirurg sollte damit verantwortungsbewusst umgehen und dann zu einem kosmetischen Eingriff Nein sagen!
Patientinnen und Patienten mit einem überzogenen Wunsch nach Selbstoptimierung müssen sich darüber im Klaren sein, dass Schönheitsoperationen kein Friseurbesuch sind! Bei ihnen besteht genauso wie bei medizinisch indizierten Operationen ein gewisses Risiko für Komplikationen.
Jugendliche beim Schönheitschirurgen?
Jugendliche eifern oftmals falschen oder vorübergehenden Idealen nach. Weder ist ihr Körper ausgewachsen noch ihre Persönlichkeit ausreichend entfaltet, sodass mit einer Schönheitsoperation physische und psychische Folgeschäden vorprogrammiert sind. Auch wenn aus rechtlicher Sicht vor der Volljährigkeit plastisch-ästhetische Eingriffe mit Einverständniserklärung der Eltern zulässig sind, kommen für uns Korrektureingriffe nur in Ausnahmefällen in Betracht:
- Wenn ein Kind unter abstehenden Ohren leidet, soll die frühzeitige OP dem Leidensdruck durch permanente Hänseleien vorbeugen.
- Ausgeprägte Asymmetrien oder eine viel zu große Brust rechtfertigen auch bei jugendlichen Patientinnen ein operatives Vorgehen, da hier die Übergänge zur medizinischen Indikation fließend sind.
- Gleiches gilt für eine ein- oder beidseitige Vergrößerung der männlichen Brustdrüse (Gynäkomastie) in der Pubertät, weil auch hier die Betroffenen unter Spötteleien leiden.
Wirtschaftsfaktor Schönheitschirurgie: Spagat zwischen Ökonomie und Ethik
Die Schönheitschirurgie ist inzwischen ein Wirtschaftsfaktor geworden, keine Frage. Deshalb gerät ethisches Denken und Handeln zunehmend in den Hintergrund. Für unsere Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie gilt:
- Wir lehnen gewünschte Eingriffe ab, wenn Patientinnen und Patienten eine aus unserer Sicht überzogene, medizinisch nicht vertretbare Erwartungshaltung mit dem Eingriff verknüpfen.
- Wir sagen zu einem kosmetischen Eingriff Nein, wenn offensichtlich eine psychische Instabilität der Patientin bzw. des Patienten und weniger ein äußerlicher Makel vorliegt, der für andere nachvollziehbar ist. Es gibt nicht wenige Personen, die mit sich und der Welt unzufrieden sind und dies auf ihr Äußeres übertragen.
Ethik steht in unserer Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie vor „Monetik“. Unser guter Ruf lebt auch von den Patientinnen und Patienten, die wir nicht operieren!